Arthur Conan Doyle - Napoleon Bonaparte, Aufzeichnungen eines französischen Edelmannes
'Napoleon Bonaparte - Aufzeichnungen eines französischen Edelmannes' ist ein historischer Roman von Arthur Conan Doyle.
'Ich hatte den Brief meines Onkels wohl hundertmal gelesen und konnte ihn fast auswendig. Und doch zog ich ihn jetzt, auf dem Schiffe, wieder aus der Tasche, um ihn nochmals mit größter Aufmerksamkeit durchzulesen, als wäre es das erste mal. Die gezierten, spitzigen Schriftzüge mochten von der Hand eines Landadvokaten herrühren, und die Adresse lautete: Monsieur Louis de Laval, zu Händen des Mr. William Hargreaves, Wirt zum grünen Mann in Ashford, Kent.
Mein Quartiergeber bezog nämlich große Mengen geschmuggelten Branntweins von der normannischen Küste; und durch Schmuggler hatte auch dieser Brief heimlich den Weg zu ihm gefunden.
"Mein lieber Neffe," so las ich, "jetzt, da Dein Vater tot ist, und Du in der Welt allein stehst, wirst Du unseren alten Familienzwist wohl nicht weiterzuführen gedenken. Zur Zeit der großen Unruhen stellte sich Dein Vater an die Seite des Königs, mich aber zog es zu dem Volke hin. Was weiter geschah, weißt Du. Dein Vater mußte fliehen, und ich wurde Besitzer seiner Güter in Grobois. Es mag Dich betrüben, Dich in so veränderten Verhältnissen Deinen Vorfahren gegenüber zu befinden; aber lieber als in fremden Händen wirst Du sicherlich die Ländereien in meinem Besitze wissen. Bei dem Bruder Deiner Mutter wirst Du ja immer Liebe und Entgegenkommen finden.Und nun will ich Dir einen guten Rat geben. Ich war, wie Du weißt, immer Republikaner; aber gegen das Schicksal kann man nicht ankämpfen, und Napoleons Macht ist nicht mehr zu erschüttern. Deshalb suchte ich mich ihm nützlich zu machen. Mit gutem Erfolge. Er ist mir wohlgesinnt und gewiß auch zu Gegendiensten bereit. Wie Du wohl erfahren hast, befindet er sich augenblicklich mit seiner Armee in Boulogne, wenige Meilen von Grobois. Wenn Du hierher kommst, wird er gewiß mit Rücksicht auf die Verdienste Deines Oheims die Feindschaft gegen Deinen Vater vergessen. Zwar steht Dein Name noch auf der Liste der Proskribierten, aber mein Einfluß auf den Kaiser wird die Sache rasch in Ordnung bringen. So komm denn sofort in vollem Vertrauen auf Deinen Onkel Bernac."
Mehr noch als der Brief selbst gab mir dessen Umschlag zu denken. Die roten Wachssiegel an den Enden zeigten den Abdruck grober Handlinien. Offenbar hatte mein Onkel statt eines Siegelringes den Daumen benutzt. Und oberhalb des einen Siegels standen hastig hingekritzelt die englischen Worte: Kommen Sie nicht! Ob von weiblicher oder männlicher Hand, war nicht zu erraten; aber sie standen da, ein unheimlicher Zusatz zu der freundlichen Einladung.
Kommen Sie nicht! War mein Oheim plötzlich anderen Sinnes geworden? Kaum; warum hätte er dann den Brief überhaupt abgesandt? Oder wollte mich jemand anderes vor dem Besuche warnen? Der Brief war französisch, die warnenden Worte englisch. Vielleicht waren sie gar erst in England hinzugefügt worden. Aber die Siegel waren ja unverletzt; und in England konnte niemand von dem Inhalte des Briefes wissen.
Das Schiff stach in See; die geschwellten Segel über mir, die rauschenden Wellen an meiner Seite, rief ich mir alles ins Gedächtnis, was ich in früheren Zeiten über meinen Oheim gehört ha.' ...
Für RUTHeBooks Klassiker lassen wir alte oder gar schon vergriffene Werke als eBooks wieder auferstehen. Wir möchten Ihnen diese Bücher nahe bringen, Sie in eine andere Welt entführen. Manchmal geht das einher mit einer für unsere Ohren seltsam klingenden Sprache oder einer anderen Sicht auf die Dinge, so wie das eben zum Zeitpunkt des Verfassens vor 100 oder mehr Jahren "normal" war. Mit einer gehörigen Portion Neugier und einem gewissen Entdeckergeist werden Sie beim Stöbern in unseren RUTHeBooks Klassikern wunderbare Kleinode entdecken. Tauchen Sie mit uns ein in die spannende Welt vergangener Zeiten!
Arthur Conan Doyle - Napoleon Bonaparte, Aufzeichnungen eines französischen Edelmannes
'Napoleon Bonaparte - Aufzeichnungen eines französischen Edelmannes' ist ein historischer Roman von Arthur Conan Doyle.
'Ich hatte den Brief meines Onkels wohl hundertmal gelesen und konnte ihn fast auswendig. Und doch zog ich ihn jetzt, auf dem Schiffe, wieder aus der Tasche, um ihn nochmals mit größter Aufmerksamkeit durchzulesen, als wäre es das erste mal. Die gezierten, spitzigen Schriftzüge mochten von der Hand eines Landadvokaten herrühren, und die Adresse lautete: Monsieur Louis de Laval, zu Händen des Mr. William Hargreaves, Wirt zum grünen Mann in Ashford, Kent.
Mein Quartiergeber bezog nämlich große Mengen geschmuggelten Branntweins von der normannischen Küste; und durch Schmuggler hatte auch dieser Brief heimlich den Weg zu ihm gefunden.
"Mein lieber Neffe," so las ich, "jetzt, da Dein Vater tot ist, und Du in der Welt allein stehst, wirst Du unseren alten Familienzwist wohl nicht weiterzuführen gedenken. Zur Zeit der großen Unruhen stellte sich Dein Vater an die Seite des Königs, mich aber zog es zu dem Volke hin. Was weiter geschah, weißt Du. Dein Vater mußte fliehen, und ich wurde Besitzer seiner Güter in Grobois. Es mag Dich betrüben, Dich in so veränderten Verhältnissen Deinen Vorfahren gegenüber zu befinden; aber lieber als in fremden Händen wirst Du sicherlich die Ländereien in meinem Besitze wissen. Bei dem Bruder Deiner Mutter wirst Du ja immer Liebe und Entgegenkommen finden.Und nun will ich Dir einen guten Rat geben. Ich war, wie Du weißt, immer Republikaner; aber gegen das Schicksal kann man nicht ankämpfen, und Napoleons Macht ist nicht mehr zu erschüttern. Deshalb suchte ich mich ihm nützlich zu machen. Mit gutem Erfolge. Er ist mir wohlgesinnt und gewiß auch zu Gegendiensten bereit. Wie Du wohl erfahren hast, befindet er sich augenblicklich mit seiner Armee in Boulogne, wenige Meilen von Grobois. Wenn Du hierher kommst, wird er gewiß mit Rücksicht auf die Verdienste Deines Oheims die Feindschaft gegen Deinen Vater vergessen. Zwar steht Dein Name noch auf der Liste der Proskribierten, aber mein Einfluß auf den Kaiser wird die Sache rasch in Ordnung bringen. So komm denn sofort in vollem Vertrauen auf Deinen Onkel Bernac."
Mehr noch als der Brief selbst gab mir dessen Umschlag zu denken. Die roten Wachssiegel an den Enden zeigten den Abdruck grober Handlinien. Offenbar hatte mein Onkel statt eines Siegelringes den Daumen benutzt. Und oberhalb des einen Siegels standen hastig hingekritzelt die englischen Worte: Kommen Sie nicht! Ob von weiblicher oder männlicher Hand, war nicht zu erraten; aber sie standen da, ein unheimlicher Zusatz zu der freundlichen Einladung.
Kommen Sie nicht! War mein Oheim plötzlich anderen Sinnes geworden? Kaum; warum hätte er dann den Brief überhaupt abgesandt? Oder wollte mich jemand anderes vor dem Besuche warnen? Der Brief war französisch, die warnenden Worte englisch. Vielleicht waren sie gar erst in England hinzugefügt worden. Aber die Siegel waren ja unverletzt; und in England konnte niemand von dem Inhalte des Briefes wissen.
Das Schiff stach in See; die geschwellten Segel über mir, die rauschenden Wellen an meiner Seite, rief ich mir alles ins Gedächtnis, was ich in früheren Zeiten über meinen Oheim gehört ha.' ...
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