Die Pathologisierung von Juden im ausgehenden 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts

Nonfiction, Religion & Spirituality, Judaism
Cover of the book Die Pathologisierung von Juden im ausgehenden 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts by Lena Gorelik, GRIN Verlag
View on Amazon View on AbeBooks View on Kobo View on B.Depository View on eBay View on Walmart
Author: Lena Gorelik ISBN: 9783638433815
Publisher: GRIN Verlag Publication: October 31, 2005
Imprint: GRIN Verlag Language: German
Author: Lena Gorelik
ISBN: 9783638433815
Publisher: GRIN Verlag
Publication: October 31, 2005
Imprint: GRIN Verlag
Language: German

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Judaistik, Ludwig-Maximilians-Universität München, 3 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Bereits im 18. Jahrhundert setzte sich sowohl in der Psychologie als auch in der Medizin die Ansicht durch, dass Juden anders gebaut seien als Nichtjuden. So wurden diese beiden Gruppen getrennt voneinander untersucht und in Studien miteinander verglichen. Mit der Zeit wurde dieser Trend verstärkt und auf andere wissenschaftliche Bereiche, aber genauso auch auf das Alltagsleben übertragen. Dieser Trend ist als Hinweis darauf zu verstehen, dass die Integration der Westjuden in Deutschland nicht so funktioniert hatte, wie diese das gerne gesehen hätten. In dieser Zeit entstanden auch Begriffe wie Judenfrage und Judenkrankheit. Auf der anderen Seite spielte im ausgehenden 19. Jahrhundert in der Medizinwissenschaft das Nervensystem eine zentrale und zunehmende Rolle. Neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet führten dazu, dass es die Seele als Untersuchungsobjekt, aber auch als Erklärungsmodell ablöste. So gewann auch Nervenschwäche als Krankheit nicht nur in der Forschung sondern auch im Alltagsobjekt an Bedeutung: Sie wurde als Antonym zu bürgerlichen Zielen und Tugenden wie beispielsweise Karriere gesetzt. Parallel zu dieser Entwicklung setzte sich das Gerücht durch, dass Juden besonders oft an dieser Krankheit litten. Dieses anfänglich nicht auf wissenschaftlichen Daten basierende Gerücht wurde mit dem sozialen Aufstieg und dem anwachsenden Ansehen der Ärzte 'medikalisiert'. Nach dem Motto ' alles, was n icht bürgerlich ist, ist krank' wurden Juden als nervenschwach und geisteskrank abgestempelt. Als Nervenschwäche und Krankheit galt in dieser Zeit auch Masturbation. Weil dabei Nervenenergie verloren gehe, wirke sie sich negativ auf den Körper aus, hieß es damals. Gleichzeitig verstöße Masturbation gegen bürgerliche Werte und mache Männer weiblicher. Weil Juden aufgrund ihrer Frühreife angeblich mehr masturbierten als Nichtjuden, sprach man nun auch von einer 'Verweiblichung' der Juden. Das Vorurteil der Frühreife beruhte auf der Tatsache, dass in jüdischen Familien aufgrund von Traditionen oft früher geheiratet wurde als in christlichen. Ein weiteres, zu jener Zeit übliches Vorurteil lautete, 'religiöse Schwärmerei' hänge mit Nervenkrankheiten zusammen und komme vor allem bei Frauen und Juden vor. Bei Frauen liege dies an einer Nichtbefriedigung der sinnlichen Sexualität, bei Juden an ihrer besonders ausgeprägten Disposition zur Masturbation. Damit wurde die Religiösität von Juden erklärt.

View on Amazon View on AbeBooks View on Kobo View on B.Depository View on eBay View on Walmart

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Judaistik, Ludwig-Maximilians-Universität München, 3 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Bereits im 18. Jahrhundert setzte sich sowohl in der Psychologie als auch in der Medizin die Ansicht durch, dass Juden anders gebaut seien als Nichtjuden. So wurden diese beiden Gruppen getrennt voneinander untersucht und in Studien miteinander verglichen. Mit der Zeit wurde dieser Trend verstärkt und auf andere wissenschaftliche Bereiche, aber genauso auch auf das Alltagsleben übertragen. Dieser Trend ist als Hinweis darauf zu verstehen, dass die Integration der Westjuden in Deutschland nicht so funktioniert hatte, wie diese das gerne gesehen hätten. In dieser Zeit entstanden auch Begriffe wie Judenfrage und Judenkrankheit. Auf der anderen Seite spielte im ausgehenden 19. Jahrhundert in der Medizinwissenschaft das Nervensystem eine zentrale und zunehmende Rolle. Neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet führten dazu, dass es die Seele als Untersuchungsobjekt, aber auch als Erklärungsmodell ablöste. So gewann auch Nervenschwäche als Krankheit nicht nur in der Forschung sondern auch im Alltagsobjekt an Bedeutung: Sie wurde als Antonym zu bürgerlichen Zielen und Tugenden wie beispielsweise Karriere gesetzt. Parallel zu dieser Entwicklung setzte sich das Gerücht durch, dass Juden besonders oft an dieser Krankheit litten. Dieses anfänglich nicht auf wissenschaftlichen Daten basierende Gerücht wurde mit dem sozialen Aufstieg und dem anwachsenden Ansehen der Ärzte 'medikalisiert'. Nach dem Motto ' alles, was n icht bürgerlich ist, ist krank' wurden Juden als nervenschwach und geisteskrank abgestempelt. Als Nervenschwäche und Krankheit galt in dieser Zeit auch Masturbation. Weil dabei Nervenenergie verloren gehe, wirke sie sich negativ auf den Körper aus, hieß es damals. Gleichzeitig verstöße Masturbation gegen bürgerliche Werte und mache Männer weiblicher. Weil Juden aufgrund ihrer Frühreife angeblich mehr masturbierten als Nichtjuden, sprach man nun auch von einer 'Verweiblichung' der Juden. Das Vorurteil der Frühreife beruhte auf der Tatsache, dass in jüdischen Familien aufgrund von Traditionen oft früher geheiratet wurde als in christlichen. Ein weiteres, zu jener Zeit übliches Vorurteil lautete, 'religiöse Schwärmerei' hänge mit Nervenkrankheiten zusammen und komme vor allem bei Frauen und Juden vor. Bei Frauen liege dies an einer Nichtbefriedigung der sinnlichen Sexualität, bei Juden an ihrer besonders ausgeprägten Disposition zur Masturbation. Damit wurde die Religiösität von Juden erklärt.

More books from GRIN Verlag

Cover of the book Die Medici als Auftraggeber: Hugo van der Goes - Der 'Portinari-Altar' (ca. 1475-78) by Lena Gorelik
Cover of the book Der Geltungsbereich unserer literarischen Sachbegriffe by Lena Gorelik
Cover of the book Machbarkeitsstudie für ausgewählte E-Mobility-Konzepte für Deutschland 2020 by Lena Gorelik
Cover of the book Das Lesetagebuch im Deutschunterricht by Lena Gorelik
Cover of the book Lizenzierungsfragen bei Einsatz von Virtualisierungstechniken by Lena Gorelik
Cover of the book Die Gemeinde Wien im bundesstaatlichen System by Lena Gorelik
Cover of the book Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz by Lena Gorelik
Cover of the book Poststrukturalistische Ansätze zum Umgang mit kanonischen Texten im Literaturunterricht by Lena Gorelik
Cover of the book Religion in den Medien by Lena Gorelik
Cover of the book Der Weg zum Flottenabkommen. Politische und militärische Aspekte des Deutsch-Britischen Verhältnisses von der 'Machtergreifung' bis zum Seerüstungsabkommen by Lena Gorelik
Cover of the book Freizeit im Dritten Reich by Lena Gorelik
Cover of the book Multi-Channel Distribution in the Age of the Digital Customer by Lena Gorelik
Cover of the book Zu: Theo Vennemann - 'Preference laws for syllable structure and the explanation of sound change' by Lena Gorelik
Cover of the book Die Berücksichtigung des Markenwertes im Rahmen der Unternehmensbewertung by Lena Gorelik
Cover of the book Muslimas in der zweiten Generation in Deutschland by Lena Gorelik
We use our own "cookies" and third party cookies to improve services and to see statistical information. By using this website, you agree to our Privacy Policy